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Großelternbrief Nr. 16
Zitat: Es ist besser, das Alte mit Stumpf und Stil auszurotten, als ewig zu flicken und nie ein vollkommenes Ganzes zustande zu bringen.
Adolph von Knigge
Liebe Großeltern,
Kinder hüten, backen, kochen, waschen, putzen, Schularbeiten überwachen, einkaufen, kurz, immer verfügbar sein – und das alles völlig gratis. Erraten, um wen es sich handeln könnte? Natürlich um die Großmutter, die Oma von vor fünfzig Jahren. So sind wir heute nicht mehr. Dieses Bild gehört ins Museum. Die Frau mit 50 plus kleidet sich modern und läuft nicht mehr in einer dunklen Küchenschürze durch die Gegend, sie trägt das Haar schick gestylt, hat einen Job und einen gut gefüllten Terminkalender, worin sich auch noch ein Plätzchen für das Enkelkind findet. Die Großmutter von heute ist gut vernetzt, sie skypt, twittert und smst. Sie braucht Zeit für sich und ist nicht bereit, sich bis zur Erschöpfung aufzuopfern.
Die Oma von heute ist keine verbrauchte, vom Leben gezeichnete alte Frau mehr, die sich so dahinschleppt.
Generationenbeziehungen gelingen nur, wenn das alle in Omas Umfeld begreifen und akzeptieren. Natürlich ist so eine Oma auf die eine Art ziemlich unbequem. Weil der Rest der Familie nämlich nicht gedankenlos über sie verfügen kann. Vergessen, das Hemd des Gatten zu bügeln? Oma macht das schon. Das Baby hat die Windeln voll, Mama muss aber dringend zu ihrem Termin? Oma macht das schon. Der Sohn muss vom Kindergarten geholt werden? Oma macht das schon? Eben nicht. Oma macht das nicht mehr »schon«. Denn Oma hat ihrerseits auch ein Leben, ein eigenes nämlich. Oma ist nicht mehr Laufbursche, Dienstmädchen und Köchin in einem. Oma gehört zur neuen Generation der Großmütter, die in schicken Leggins und Minirock daherkommen, die noch gesund und munter (meistens jedenfalls) durch die Gegend springen und nicht auf die Gunst ihrer Kinder und deren Zuneigung angewiesen sind. Nein, diese Großmütter sind keine Egoisten, die nur an sich und ihr eigenes Wohlergehen denken. Sie freuen sich über Enkelkinder und haben auch nichts dagegen, »Oma« gerufen zu werden. Nur verwahren sie sich dagegen, dass jedermann, vor allem die Eltern der Enkel, über sie verfügen, als seien sie unfähig, ihre Zeit alleine zu managen. Sie lassen sich von niemandem mehr ein schlechtes Gewissen einreden, dass sie doch als Oma gewissen Verpflichtungen hätten. Was diese Verpflichtungen ausmacht, bestimmen einzig und allein sie und wer das nicht begreift, wird schnell ein Problem haben. Denn Schluss ist’s ab jetzt mit der »Oma fürs Grobe«. Diese Omas wehren sich nämlich dagegen, Lückenbüßer oder Springer zu sein. Und doch sind sie sofort zur Stelle, wenn Not am Mann, bzw., am Kind ist. Aber freiwillig, von sich aus, wenn man versteht, was ich meine. Sie nehmen dazu auch Urlaub oder Überstunden, aber nur, wenn man sie nicht unter Druck setzt. Meine Güte, was haben sich doch die Zeiten geändert! Omas, die sich wehren. Die selbst bestimmen und sich nicht reinreden lassen. Ob das gut gehen wird? Mit Sicherheit. Denn solche Omas sind für jede Familie ein Schatz, weil sie aktiv sind und nicht passiv herumhocken und sich zum Opfer des Familienrestes machen. Denn auf diese Weise sind sie kein lästiges Anhängsel, um das man sich kümmern muss, sondern mündige Menschen, die gerne ihren Teil zum Gelingen der Familie beitragen werden.
Einen entspannten Umgang mit Ihren Enkeln wünscht Ihnen
Marianne Kopp