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Großelternbrief Nr. 28
Zitat: Wer durch des Argwohns Brille schaut, sieht Raupen selbst im Sauerkraut. (Wilhelm Busch)
Liebe Großeltern,
Bedenkenträger gibt es allerorten. In der Politik zum Beispiel. Wer auf der Oppositionsbank sitzt, ist geradezu verpflichtet, zu jedem Regierungsvorhaben Bedenken anzumelden. So funktioniert Demokratie.
In der Firma sind es manchmal Vorgesetzte, die die Rolle eines Bedenkenträgers übernommen haben und deshalb auf gute Vorschläge ablehnend reagieren. Das kann sich nachteilig auf das Wachstum des Betriebes auswirken.
Vermieter haben oft ein ganzes Bündel Bedenken parat, wenn sich potentielle Mieter bei ihnen vorstellen.
Vorbehalte, bzw., Vorsicht richtig angewendet, haben Schutzfunktion. Bei wem in brenzligen Situationen vernünftigerweise alle inneren Alarmglocken schrillen, bewahrt sich vor Schaden. Nicht jeder fremde Onkel, nicht jede fremde Tante ist böse, aber auch nicht immer nett — diese Weisheit lernen die Enkel inzwischen immer früher. Wir aktivieren damit bei ihnen einen gesunden Selbstschutz. Unlängst hat ein Mädchen im Grundschulalter dieses praktiziert. Als ein Pärchen direkt am Schulzaun versuchte, die Kleine in ihr Auto zu locken, rannte die nicht nur davon, sondern zurück in die Schule und informierte die Lehrer. Die Polizei nahm die beiden kurz darauf fest.
Dennoch wäre es falsch, unsern Enkeln ihr Umfeld zur absoluten Gefahrenzone zu erklären: Die Nachbarin ist heuchlerisch, die Bäckersfrau verzählt sich absichtlich bei der Herausgabe des Wechselgeldes, die Lehrerin ist ungerecht, die Mitschüler frech und unerzogen, Vater oder Mutter stümperhaft in der Erziehung. Wer andern immer nur Schlechtigkeit unterschiebt und sogar darauf lauert, wird stets Gelegenheit finden, dies zu belegen. Schließlich hat sich die Bäckersfrau, das war noch zu D-Mark Zeiten, einmal um zwei Pfennig geirrt und die Lehrerin damals, als Omas Lieblingssohn noch zur Schule ging, den Jungen ungerechterweise beschuldigt, vorlaut gewesen zu sein.
Wenn wir unsern Enkeln beibringen, nur auf das Schlechte zu achten und solches im Gedächtnis zu speichern, erziehen wir kleine Pessimisten, die später zu großen werden und Misstrauen zu ihrer Lebensmaxime wählen. Wir vergällen ihnen die Freude am Leben, zerstören jeglichen Optimismus und alle Hoffnung gleich dazu. Wir machen aus Pessimisten passive Menschen, die gar nichts anderes als Misserfolg erwarten, die davon ausgehen, dass jede Erfahrung nur noch Schlechteres bringen wird. Solche Haltung wirkt sich dann im Job genauso aus wie in der Partnerschaft und dem Familienleben.
Wollen wir das? Bestimmt nicht!
Lassen Sie uns deshalb optimistisch und zuversichtlich in die Zukunft blicken. Werden wir Ermutiger für unsere Kinder und Enkel.
Übrigens: Sauerkraut schmeckt hervorragend, wenn man es roh verzehrt, mit ein bisschen Zwiebeln, geriebenem Apfel und ein paar Tropfen Öl.
Einen entspannten Umgang mit Ihren Enkeln wünschen Ihnen
Marianne und Reinhard Kopp