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Großelternbrief Nr. 19
Zitat: Wenn ich aus einem Lebenstag keine Erkenntnis holte, habe ich ihn nicht erlebt, sondern verbracht. Erwin Strittmatter
Liebe Großeltern,
Großbritannien tritt aus der EU aus, andere verlassen ihre Partnerschaft, wieder andere kündigen ihren Job. Kaufverträge enthalten Rücktrittsklauseln, Kunden reklamieren Gekauftes. Unser Alltag wird zusehens dominiert von Rücktritten, Austritten, Rückgaben, Kündigungen. Wir verlassen und werden verlassen. Angebote, die wir gestern noch begehrenswert fanden, wandern heute durch den Schredder. Das ist unser Leben. Ausgenommen von der Wahlfreiheit ist dabei zweierlei: unsere Kinder und deren Nachwuchs. Mit unsern Partnern haben wir uns (jedenfalls in den meisten Fällen) freiwillig zusammengetan. Diese Freiwilligkeit gilt auch für Kaufverträge, Jobs, unseren Einrichtungsstil, das Lebensumfeld.
In Bezug auf unsere Kinder ist die Wahlmöglichkeit schon begrenzter. Auch wenn viele Wunschkinder unser Leben bereichern, war unsere Wahlmöglichkeit nur eingeschränkt: Wir konnten uns für oder gegen Nachwuchs entscheiden. Geschlecht, Aussehen, Veranlagungen oder Charakter dagegen entziehen sich unserm Einfluss. Und was Enkelkinder anbelangt, schwindet unser Einfluss gen Null, gibt es für uns keine Wahlmöglichkeit.
Wir werden oder wurden zu Großeltern gemacht. Enkelkinder kann man nicht wegschicken, reklamieren oder verlassen. Denn wir haben sie uns nicht ausgesucht und darum gibt es keine Diskussion über eventuelle Fehlerhaftigkeit. Sondern nur Reaktion. Reaktion, gepaart mit einem großen Verantwortungsgefühl. Wir Großeltern sind für die Enkelgeneration verantwortlich. Ohne Wenn und Aber. Wenn wir uns das klarmachen, brauchen wir keine weitere Zeit und keinen weiteren Gedanken an irgendwelche Spielchen verschwenden. Das geht mich nichts an, ist in diesem Zusammenhang ein nicht zulässiger Satz. Genauso wie: ich halte mich da raus. Nix da, Sie werden gebraucht, Sie dürfen sich voll einbringen. Einbringen, nicht einmischen, damit wir uns recht verstehen. Nehmen Sie Anteil am Leben Ihrer Enkel, bieten Sie Ihre helfende Hand an, öffnen Sie Ihr Herz (und Ihren Geldbeutel).
Unsere Enkel sind richtige Überraschungspakete. Sie verhelfen uns nicht nur zur Erkenntnis über die junge Generation, sondern vor allem erkennen wir uns selbst im Umgang mit ihnen. Und Selbsterkenntnis ist der größte Erkenntnisgewinn überhaupt. Darum bin ich froh über die nicht vorhandene Wahlmöglichkeit bei Enkeln.
Einen entspannten Umgang mit Ihren Enkeln wünscht Ihnen
Marianne Kopp